Vorbild des Monats
Esther
Von der Waise zur Königin
Wir begegnen Esther das erste Mal, als sie bei ihrem Cousin Mordechai lebt. Nachdem Esthers Eltern gestorben waren, hatte er sie als seine Tochter angenommen und aufgezogen.
Sie leben in der Stadt Susan, das an der heutigen Grenze zwischen dem Iran und Irak liegt. Mordechai sitzt dort im Tor des Königs, das bedeutet, dass er ein Beamter ist und zu seinen Aufgaben Regierungsgeschäfte und Rechtsprechung liegen.
Der König des persischen Reiches, Ahasveros, veranstaltet im dritten Jahr seiner Regierung ein Fest, das ein halbes Jahr dauert. Dazu lädt er alle Fürsten und Obersten der Provinzen des Reiches ein, alles wichtige Leute, um vor ihnen seinen Reichtum zur Schau zu stellen und seine Macht zu demonstrieren.
Nach diesem halben Jahr veranstaltet er ein einwöchiges Fest für alle Bewohner Susans, währenddessen er seine schöne Königin Vashti den Fürsten und Untertanen zeigen möchte. Sie weigert sich zu kommen und wird in Folge dessen verstoßen. Seine Fürsten schlagen ihm vor, aus seinem riesigen Reich schöne Mädchen nach Susan zu bringen, damit er sich aus diesen eine neue Königin wählt.
Esther ist eine von diesen Mädchen, die in das Frauenhaus des Königs gebracht werden, weil sie „von schöner Gestalt und lieblichem Aussehen“ ist (Esther 2,7). Sechs Monate lang wird sie mit Myrrhenöl behandelt und weitere sechs Monate mit Balsam und Reinigungssalben. Hegai, der Hüter der Frauen, findet Gefallen an ihr und sie bekommt die Behandlungen schnell, dazu sieben ausgewählte Mägde und den besten Platz im Frauenhaus.
Als die Reihe an Esther kommt, für eine Nacht zum König zu gehen, heißt es: „Und der König gewann Esther lieber als alle anderen Frauen und sie fand Gnade und Gunst vor ihm, mehr als alle Jungfrauen, und er setzte die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur Königin an Vashtis Stelle.“ (2,17)
Man könnte denken: Was für ein Traum, was für ein orientalisches Märchen! Und sie lebten in Glückseligkeit bis zum Ende ihres Lebens.
Von der Nachfahrin jüdischer Kriegsgefangener zur Königin der Perser
Esther ist Jüdin. Ihre und Mordechais Vorfahren wohnten in Israel, im damaligen Südreich Juda, als Nebukadnezar, der gefürchtete babylonische Herrscher, Jerusalem mehrmals belagert, besiegt und Tausende von Gefangenen nach Babylon wegführt.
Dort bewahren sie ihren Glauben, ihre Gesetze, ihre Kultur und vermischen sich nicht mit den Einheimischen. Noch in der vierten Generation identifizieren sie sich als jüdisch und bewahren zusammen mit anderen Juden die Erinnerung an ihre Heimat.
Als Esther in das Frauenhaus des Königs gebracht wird, gibt sie ihre Herkunft und ihr Volk nicht an, „denn Mordechai hatte ihr geboten, es nicht zu sagen“ (2,10). Mit ihm ist sie sehr verbunden und er mit ihr: Er „ging alle Tage vor dem Hof am Frauenhaus auf und ab, um zu erfahren, ob es Esther wohlgehe und was mit ihr geschehe“ (2,11)
Selbst als sie Königin ist, weiß niemand, dass sie Jüdin ist, denn „Esther handelte nach der Weisung Mordechais, wie zu der Zeit, als sie noch von ihm erzogen worden wurde“ (2,20).
Ob und inwieweit sie an persischen Opfern und Ritualen teilnehmen muss, wird nicht gesagt. Ihre Herkunft jedoch ist etwas, was sie im Innersten ausmacht und das, was sie von Mordechai darüber gelernt hat, hat sich ihr tief eingeprägt. Sie ist als (innerlich) Fremde Königin über ein ihr fremdes Volk.
Die jüdische Königin
Esther ist vier Jahre Königin, als im zwölften Jahr des Königs ein Machtwechsel unter den Fürsten am Hof stattfindet. Haman, der Agatiter, wird vom König über alle anderen Fürsten gesetzt und alle müssen auf Befehl des Königs vor ihm auf die Knie fallen. Mordechai als Jude tut das nicht, da Juden nur Gott diese Ehrerbietung zeigen (s. auch Daniel 3). Als Haman davon hört, wird er so wütend, dass er beschließt, nicht nur Mordechai zu töten, sondern gleich sein ganzes Volk. Er wird das Los, um einen geeigneten Tag dafür zu bestimmen und holt sich vom König die Erlaubnis, mit seinem Siegel ein entsprechendes Schreiben in alle Provinzen zu schicken.
Als das Schreiben in Susan bekannt wird, kleidet Mordechai sich in Sack und Asche, klagt laut und bitterlich und kommt vor den Palast. Esther hört davon und schickt einen ihrer Diener, um zu erfahren, was vor sich geht. Mordechai erzählt von Hamans Plan, alle Juden zu töten und fordert sie auf, den König um Gnade für ihr Volk zu bitten.
Esther wendet ein: Wer unaufgefordert vor dem König erscheint, muss sterben, es sei denn, der König streckt ihm das goldene Zepter entgegen. Ich aber bin seit 30 Tagen nicht zu ihm gerufen worden!
Mordechai antwortet: Selbst du würdest im Palast sterben! Wenn du schweigst, wird von woanders her Rettung kommen, du aber wirst untergehen. Und wer weiß, ob du nicht gerade wegen einer Zeit wie dieser zum Königtum gekommen bist?
Daraufhin sagt Esther: Alle Juden in Susan sollen drei Tage für mich fasten, ich auch mit meinen Mägden und dann will ich zum König gehe. Komme ich um, so komme ich um.
Esther steckt in einer Zwickmühle. Wenn sie nicht zum König geht, wird sie ein paar Monate später durch Hamans Gesetz brutal sterben. Wenn sie zum König geht, wird sie möglicherweise auch sterben, weil sie nicht gerufen wurde.
Esther nimmt sich die Worte Mordechais zu Herzen. In dieser schrecklichen Situation verlässt sie sich nicht auf sich selbst oder auf die Liebe, ihr Glück oder eine ominöse Macht, sondern sie verlässt sich auf Gott: Sie fastet, ihre Mägde und ganz Susan fasten für sie. Sie entscheidet sich dafür, ihrem Gott zu vertrauen, denn sie weiß, wo sie herkommt und wer die wirlkliche Macht hat.
Nach diesen drei Tagen tritt Esther in königlichen Kleidern vor den König, der ihr das Szepter entgegenstreckt. Er begnadigt sie und sagt, was immer sie möchte, es soll ihr gewährt werden. Esther lädt ihn und Haman zu einem Festmahl ein und bittet dort für ihr Leben und das ihres Volkes, weil Haman sie umbringen will. Der König wird wütend auf ihn und lässt ihn töten. Esther offenbart ihm, wer Mordechai für sie ist und der König erhebt ihn zu Ehren.
Zusammen erlassen sie ein Schreiben an alle Provinzen, dass sie Juden sich verteidigen dürfen, wenn sie an dem ausgelosten Tag angegriffen werden. Dieser Tag wird bis heute als das Fest Purim (hebr. „Lose) gefeiert und erinnert daran, wie Gott die Juden von ihren Feinden befreit hat, weil Esther so mutig war, auf Gottes Hilfe zu hoffen.
Was können wir heute von Esther lernen?
Egal, in welcher Lebenslage wird sind, wir dürfen Gott immer um Hilfe bitten. Und wir dürfen auch Hilfe von ihm erwarten. Als gläubige Frauen sind wir Gottes Kinder und unter seinem Schutz. Er möchte, dass wir im Vertrauen auf ihn leben und alles von ihm erwarten. Wenn das Leben schwer wird oder unerträglich, ist er da. Wenn Trauer da ist oder Verzweiflung, Versagen oder Ängste – wenn wir Gott bitten, wird er helfen.
Worte, die mir zur Zeit besonders wichtig sind:
Siehe, das Auge des Herrn achtet auf die, welche ihn fürchten, die auf seine Gnade harren […] Unsere Seele harrt auf den Herrn; er ist unsere Hilfe und unser Schild.
Psalm 33,18+20
Diese Worte sind Leben. Weil wir ihn fürchten, achtet er auf uns. Er ist unsere Hilfe, weil wir auf ihn harren. Unsere Hilfe und unser Schild.
So wie Esther wusste, dass nur Gott ihr in dieser Situation helfen konnte, sollen auch wir uns bewusst sein, dass Gott die alleinige Macht im Himmel und auf Erden hat. Er soll unsere erste Anlaufstelle sein. Wir sollen uns nicht auf unseren Verstand verlassen, sondern von ganzem Herzen auf Gott vertrauen. (Sprüche 3,5)
Sei wie Esther: Sei dir deiner Herkunft als Himmelsbürger so bewusst, dass du in jeder Situation, auch in sehr schwierigen, weißt, zu wem du gehen musst. Bitte Gott um Hilfe und rechne mit seinem Handeln!
Ein Wallfahrtslied.
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt von dem HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat! Er wird deinen Fuß nicht wanken lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.
Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten zu deiner rechten Hand, dass dich am Tag die Sonne nicht steche, noch der Mond bei Nacht.
Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele; der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.
Psalm 121
Glauben heißt, auf Gottes Hilfe zu hoffen.